Gehirntheorie der Wirbeltiere

ISBN 978-3-00-064888-5

Monografie von Dr. rer. nat. Andreas Heinrich Malczan

5.8  Die Transformation minimumcodierter Signale in maximumcodierte

Auf der bisher beschriebenen Entwicklungsstufe war das limbische System ein analoges System. Die Feuerrate als analoge Größe verschlüsselte die Signalstärke, etwa die Geruchsstärke, die Muskelspannung usw.

Dieses analoge limbische System realisierte sowohl ein Rotationsgedächtnis als auch die Differenzabbildung zur Veränderungserkennung.

Die Entstehung der Signaldivergenz im olfaktorischen Cortex führte dazu, dass ein neuer, minimumcodierter Output den Cortex in Richtung der Amygdala verließ.

Als diese minimumcodierten Signale der Duftmischungen die Signale der ursprünglichen reinen Düfte abgelöst hatten, erreichten sie ebenso die Amygdala wie zuvor auch die Signale der die reinen Düfte.

Damit gab es jedoch ein Problem: minimumcodierte Signale waren für eine aktive Muskelsteuerung nicht brauchbar. Sie mussten zunächst in maximumcodierte Signale überführt werden. Dies konnte durch eine Signalinversion realisiert werden. Wir erinnern uns an das Amygdalasystem, welches bereits auf einer recht frühen Stufe Signale invertieren konnte.

So wurden beispielsweise die On-Off-Signale invertiert und typrichtig als hemmende Variante mit der erregenden Originalvariante überlagert. Durch die Zeitverzögerung der hemmenden Variante auf ihrem dopaminergen Umweg war die entstehende Differenzabbildung zeitsensitiv und konnte Bewegungen sowohl in den On- als auch in den Off-Signalen erkennen.

Es gibt in der Amygdala mehrere gleichwertige Varianten für die Lösung dieser Probleme. Wir präsentieren wir hier eine der möglichen Lösungen für die Erzeugung eines erregenden maximumcodierten Signals aus einem erregenden minimumcodierten.

Wir werden Inversionskerne vereinfachend in zwei Klassen einteilen: positive und negative Inversionskerne.

Positive Inversionskerne liefern einen erregenden Output, negative dagegen einen hemmenden.

Beide benötigen einen hemmenden Input sowie ein tonisches Dauersignal, welches relativ gehemmt wird.

Das tonische Dauersignal erreicht bei positiven Inversionskernen erregende Inversionsneuronen, so dass der Output erregend ist.

Bei negativen Inversionskernen müssen die Inversionsneuronen hemmend sein, so dass der Output hemmend ist.

In allen Fällen benötigen die Inversionskerne hemmenden Input, der invertiert werden soll. Daher muss der erregende Cortexoutput des olfaktorischen Cortex zunächst auf einen hemmenden Transmitter umgeschaltet werden.

Wir unterstellen, dass der erregende Amygdalainput zunächst die zentrale Amygdala erreicht und dort auf einen hemmenden Transmitter GABA umgeschaltet wird, wobei die Feuerrate erhalten bleibt.

Anschließend muss er einmal invertiert werden, um maximumcodiert zu sein. Das Ergebnis muss erregend sein, denn es ist die erregende Komponente für die zeitsensitive Differenzabbildung.

Da der basale Nebenkern der Amygdala ein positiver Inversionskern ist, würde es völlig reichen, wenn die zentrale Amygdala ihren Output an den basalen Nebenkern der Amygdala sendet, wo er invertiert wird. Der Output ist maximumcodiert und erregend.

Das zur Inversion nötige erregende Dauersignal entstammt dem magnocellularen Anteil der basalen Amygdala, der ein Mittelwertkern ist.

Der nunmehr erregende und maximumcodierte Output des basalen Nebenkerns der Amygdala erreicht nun ebenso den Hippocampus und nimmt an der Signalrotation teil wie die ursprünglichen, analogen Signale. Nun sind sie jedoch maximumcodiert, und das Erregungsmaximum codiert das Mischungsverhältnis zweier Arten von Duftrezeptoren, als eine Duftmischung.

Vom Hippocampus kommend erreicht er wieder den Ausgangskern der Amygdala und kann absteigend im Neuralrohr/Rückenmark motorische und andere Reaktionen erzeugen.

Theorem der Transformation minimumcodierter Signale in maximumcodierte im Amygdalasystem

Minimumcodierte olfaktorische Signale aus dem Cortex erreichen die Amygdala und werden in der zentralen Amygdala auf einen hemmenden Transmitter umgeschaltet, um im basalen Nebenkern der Amygdala invertiert zu werden, wodurch sie maximumcodiert sind.

Zur Inversion liefert die basale magnocellulare Amygdala ein erregendes tonisches Mittelwertsignal, dessen Hemmung durch das minimumcodierte Signal die Signalinversion bewirkt. Der Output wird dem Hippocampus zugeführt und nimmt dort an der limbischen Signalrotation teil, steht jedoch als Output der basalen Amygdala der weiteren Verwendung zur Verfügung.

Die weitere Verwendung bestand unter anderem darin, eine zeitverzögerte und hemmende Variante für eine zeitsensitive Differenzabbildung zur Bewegungserkennung olfaktorisch wahrnehmbarer Objekte zu erzeugen.


Monografie von Dr. rer. nat. Andreas Heinrich Malczan